Der spätere Papst vor Gericht
Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Kirchenführer bei einer Gerichtsverhandlung vorgeladen ist. So geschehen im November 2010: Jorge Maria Bergoglio, der spätere Papst Franziskus und damals Erzbischof von Buenos Aires, wird zu seiner Rolle während der Zeit der Militärdiktatur befragt. Er ist als Zeuge vorgeladen. Die Befragung hat aber die Anmutung eines Tribunals. Seit seinem Amtsantritt als Papst im März 2013 brandet immer wieder die Frage auf: War er als junger Jesuit verstrickt in die Machenschaften der argentinischen Militärdiktatur? Die Militärjunta, die von 1976-83 an der Macht war, verfolgte alle, die sich des Kommunismus verdächtig machten. Dazu zählten auch Geistliche und Kirchenmitarbeiter, die die Lebensumstände der Armen verbessern wollten. Damals war Pater Bergoglio Jesuitenprovinzial und verantwortlich dafür, seinen Orden durch die gefährlichen Zeiten zu navigieren. Nächtliche Abholaktionen, Verschwindenlassen und Folter standen an der Tagesordnung. Dem Staatsterror fielen an die 30.000 Menschen zum Opfer. Auch zwei seiner Mitbrüder, die Armenpriester Franz Jalics und Orlando Orio, wurden verhaftet und gefoltert. Als sie nach Monaten freikamen, beschuldigten sie ihren Ordensoberen, für die Verhaftung mitverantwortlich gewesen zu sein. Auch wenn sie ihr Urteil später teils revidierten, Tatsache bleibt: Bergoglio hat - wie die argentinische Kirche insgesamt - zu den Verbrechen der Militärdiktatur geschwiegen. Aber er hat nachweislich auch etlichen verfolgten Menschen zur Flucht verholfen und damit das Leben gerettet.
Klaus Ther zeigt in seiner Doku das historische Filmmaterial von der Zeugeneinvernahme des späteren Papstes vor Gericht und hat mit Zeitzeugen und Historiker gesprochen. Ankläger und Verteidiger des Papstes kommen gleichermaßen zu Wort und zeigen ein differenziertes Bild vom Handeln in einer Zeit der Verfolgung.