Das Land, aus dem Uwe Johnson kam, wollte nichts von ihm wissen. Bis zu ihrem Ende brachte es die DDR nicht fertig, auch nur einen einzigen der Romane von Johnson ihren begierigen Lesern zu offerieren. Lediglich ein Band mit kurzer Prosa aus dem Berliner Aufbau Verlag fand kurz vor ihrem Untergang den Weg ins Licht der DDR-Öffentlichkeit. Dabei hatte Johnson einen, wenn nicht den vielleicht wichtigsten Roman zwischen Kriegsende und Wiedervereinigung geschrieben - seine "Jahrestage": detailliert und höchst genau, ironisch, mitunter distanziert, manchmal spröde.
Eigentlich, könnte man meinen, sei die Zeit längst hinweggegangen über dieses opus magnum. Schließlich ist es ungefähr ein halbes Jahrhundert alt. Doch das, wovon es erzählt, beschäftigt uns bis heute: das 20. Jahrhundert mit all seinen Verwerfungen. Und so verwundert es kaum, dass die "Jahrestage" auch heute auf verschiedenen Wegen ihren Weg in die Öffentlichkeit finden. Zum Beispiel durch das Leipziger Schauspiel, das sie auf die Bühne gebracht hat. Oder durch eine Produktion des Berliner Audio Verlages, der mit zwei prominenten Protagonisten - Caren Miosga und Charly Hübner - die "Jahrestage" zum Hören anbietet. Neben dem Rostocker Germanisten und Johnson-Forscher Holger Helbig ist der Schauspieler Charly Hübner in dieser MDR KULTUR Werkstatt von einer weniger bekannten Seite kennenzulernen: als Kenner und Liebhaber der Literatur von Uwe Johnson.
MDR KULTUR Werkstatt von Katrin Wenzel