Vor 60 Jahren, am 12. Mai 1965, nahmen Israel und die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen auf. Das Jubiläumsjahr jedoch fällt in spannungsgeladene Zeiten, beschwert vom Massaker der Hamas auf Israel am 07. Oktober 2023, der Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Israels Angriffen auf Gaza und einem erstarkenden Antisemitismus. Dennoch wollen beide Länder das Jubiläum mit zahlreichen Veranstaltungen feiern. Nicht ohne Widerstände auf beiden Seiten, gelang Konrad Adenauer und David Ben Gurion vor 60 Jahren diese nach der Shoah undenkbare Annäherung.
In den frühen 1950er Jahren hatte Israel Beziehungen zu beiden deutschen Staaten sondiert, doch im Gegensatz zur Bundesrepublik war die DDR zu keinen Reparationsverhandlungen bereit. Sie sah sich als "antifaschistischer Staat", der keine Rechtsnachfolge, keine Kollektivverantwortung für Holocaust und zwölf Jahre NS Diktatur übernahm und, die DDR war im Kalten Krieg in den sowjetischen Block integriert, gehörte damit zu jenem Staatenbund, der Israel als Feindstaat ansah. Die offene Ablehnung kam den Beziehungen zur Arabischen Liga zugute. Erst nach dem Mauerfall 1989 und der deutschen Vereinigung 1990 endete die demonstrative Feindschaft mit einer Erklärung am 12. April 1990 in der Volkskammer, die mit den Sätzen begann "Wir bitten die Juden in aller Welt um Verzeihung. Wir bitten das Volk Israel um Verzeihung."
In die Aufbruchsjahre Ostdeutschlands nach der politischen Wende von 1989/ 1990 fällt in Leipzig 1995 die Gründung des "Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur e. V", auf Grundlage eines 1994 vom sächsischen Landtag gefaßten Beschlusses. Ab 1996 ist das Institut durch einen Kooperationsvertrag mit der Universität Leipzig verbunden. Mitglied der Leibnitz-Gesellschaft ist das Dubnow-Institut seit 2018 und arbeitet, neben der Universität Leipzig, eng mit der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, sowie der Hebräischen Universität Jerusalem zusammen.
Das Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur - Simon Dubnow erforscht seit nunmehr 30 Jahren interdisziplinär und epochenübergreifend jüdische Lebenswelten im mittleren und östlichen Europa vom Mittelalter bis in die Gegenwart und ist der säkularen Tradition seines Namensgebers Simon Dubnow (1860 - 1941) verpflichtet. Der russisch-jüdische Historiker wirkte als kultureller Mittler zwischen den Judenheiten aus Ost- und Westeuropa.
Seit April 2017 leitet Yfaat Weiss das Institut. Sie ist Professorin für Neuere Geschichte, insbesondere jüdische Geschichte, an der Universität Leipzig und Professorin für Jüdische Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem, lebt in Leipzig, Berlin, Tel Aviv und Jerusalem. Im Frühjahr erschien im Jüdischen Verlag von Suhrkamp ihr jüngstes Buch "Verfehlte Mission. Das geteilte Jerusalem und die Vereinten Nationen". Sie untersucht zum ersten Mal auf Basis weltweit verstreuter Quellen die Geschichte des geteilten Jerusalems und der Exklave des vom Israelische-Arabischen Krieg 1948 bis zum Sechs-Tage-Krieg 1967. 2012 hatte Yfaat Weiss "Verdrängte Nachbarn. Wadi Salib - Haifas enteignete Erinnerungen vorgelegt" in der Hamburger Edition vorgelegt.
In Haifa wurde Yfaat Weiss 1962 geboren. In Hamburg studierte sie von 1984 bis 1990 Geschichte und Neuere deutsche Literatur und Promovierte von 1993 bis 1997 im Fach Geschichte an der Universität Tel Aviv.